Philosophischer VHS-Abend – Thema "Humor"

Philosophie als Lebenskunst
·4 min·Philosophierunden

Humor ist, wenn man trotzdem lacht - ein Betrachtung eines allzumenschlichen Phänomens

Wer hat Humor? Vielleicht derjenige, der am Morgen zum Galgen geführt wird und mit einem Lächeln zum Henker sagt: „Na, die Woche fängt ja gut an.“ In seiner ausweglosen Lage beweist er Galgenhumor – eine Form des Humors, die selbst im Angesicht des Unabwendbaren nicht erlischt. Doch was unterscheidet Humor, Witz und Komik eigentlich voneinander?

Mit dem Witz ist es einfach – zumindest in der Theorie. Er lebt von Widersprüchen, von Tabubrüchen, von unerwarteten Wendungen. Doch nicht jeder findet dasselbe witzig. Manchmal wird er künstlich konstruiert – im Büro am Reißbrett erdacht und in völlig unpassenden Situationen erzählt, sodass er im falschen Moment verpufft.

Sigmund Freud beschreibt den Witz als ein psychologisches Entladungsventil (nachzulesen in Trotzdem lachen – Eine Philosophie des Humors von Yves Bossart). Ein Thema oder eine Situation können so stark emotional oder unbewusst aufgeladen sein, dass der Witz die Spannung plötzlich und befreiend entlädt.

Ähnlich funktioniert die Komik. Sie lebt oft von der Distanz: Etwas ist komisch, weil wir es aus der sicheren Perspektive betrachten – mit dem beruhigenden Wissen, dass es uns selbst nicht passiert. Ein Missgeschick auf der Bühne, eine groteske Übertreibung oder ein absurdes Missverständnis – all das erzeugt Lachen, solange wir nicht die Betroffenen sind.

Doch Humor ist mehr als das. Er kann trösten, rebellieren oder entwaffnen. Vielleicht ist er sogar eine Form von Weisheit – die Kunst, das Leben trotz aller Tragik mit einem Augenzwinkern zu betrachten. Man sagt: Humor kommt aus dem Herzen, Witz aus dem Verstand.

Humor ist mehr als nur eine Sammlung von Pointen – er ist eine Lebenseinstellung, eine Art, der Welt zu begegnen. Wer Humor hat, nimmt sich selbst nicht zu ernst, aber auch nicht zu leicht. Es ist die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen, ohne sich zu verachten. Eine Form der Selbstironie, die Distanz schafft, ohne zu entfremden. Humor ist also nicht nur ein Talent, sondern eine Tugend – eine, die verbindet, die entspannt, die Grenzen überwindet.

Doch Humor ist auch antivogue. Wer humorvoll ist, ist selten politisch korrekt, selten moralisch opportun, selten linientreu. Wahre Komik lebt vom Bruch mit dem Erwartbaren, von der feinen Kunst, das Unsagbare auszusprechen – und es dennoch sagbar zu machen. Humor als Lebenshaltung führt zur Heiterkeit, nicht zur Harmlosigkeit.

Eine der berühmtesten humorvollen Figuren der Literatur ist Mephisto aus Faust. Ein Wesen, das stets das Böse will und doch das Gute schafft – eine tragische Existenz, die jedoch mit Sarkasmus gewürzt ist. Während Faust von Idealen und Sehnsüchten getrieben wird, betrachtet Mephisto das Ganze mit einem diabolischen Augenzwinkern.

Aber wie unterscheidet man Sarkasmus von Zynismus? Ganz einfach: Zynismus ist, wenn jemand am Boden liegt und der andere ihn tritt – und fragt: „Na, willst du noch mehr?“ Sarkasmus ist, wenn der Getretene aufblickt und antwortet: „Ja, bitte.“

Sarkasmus ist also ironisch gebrochener Spott, der noch mitspielt, während Zynismus die komplette Verachtung des Spiels bedeutet.

Und damit wären wir wieder beim Galgenhumor – jener letzten Bastion des Witzes vor dem Untergang. „Das Leben ist ein guter Witz – leider auf deine Kosten.“ Wer das mit einem Lächeln sagen kann, der hat es geschafft.

Schwarzer Humor lebt von der Groteske, vom Spiel mit dem Unvermeidlichen. Thomas Manns Zauberberg etwa, wo die Figuren im Angesicht des Todes nicht panisch werden, sondern nur noch resigniert lachen. Oder der Archetyp des Clowns, eine Figur, die uns unterhält, während sie selbst am Rande der Tragödie balanciert.

Humor ist damit nicht nur das Lachen über einen Witz – sondern das Lächeln über das Leben selbst. Wer das beherrscht, der hat vielleicht nicht die Kontrolle über alles, aber immerhin über seine Reaktion darauf. Und das ist manchmal schon genug.

Nächstes Mal geht es um das Zwischenmenschliche in der Begegnung: Was geschieht bei der Kommunikation per Whatsapp? Man sieht sich schließlich nicht und hört sich vielleicht auch nicht. Ein anderes Mal wollen wir uns der Frage widmen: Was ist Zeit? Bis dahin eine gute Woche.